Into the Metaverse, jetzt erst recht! (German)

Vorsicht, heute wird es philosophisch; fast schon esoterisch. Nachdem das Jahr erst kürzlich zu Ende gegangen ist, lässt sich das “Buzzword” Metaverse sicherlich jetzt schon als (Un)Wort des Jahres küren. Keine Zeitschrift, die in den letzten Monaten nicht irgendeine “abgespacte” Coverstory gebracht hat; zumeist mit dem Bildnis eines 3D-Brillenträger, schwerelos treibend in den unendlichen Weiten des World Wide Webs.

Unser generelles Verständnis vom viel besungenen “Metaverse” ist zum aktuellen Zeitpunkt ein sehr abstraktes. Verschwommen in Utopien / Dystopien am Horizont der Singularität. Irgendetwas in “3D”, ja auf jeden Fall in “3D”! Und trotz dieser schemenhaften ersten Vorstellungen ist das Thema unaufhaltsam in unser kollektives Bewusstsein gerückt. Spätestens seit Facebook sich in “Meta” umfirmiert hat und Milliarden in die Erforschung und Konzeption genau jener Sphäre investiert (versenkt), in der wir, die User, immer mehr unserer zukünftigen Zeit verbringen sollen, ist es auch für uns Endverbraucher eine klare Sache. Auch wir werden es einmal “tun”. Sowie “Erstkommunion” oder “Firmung”, oder, vielleicht weniger abstrakt, wie “Heiraten und Kinder kriegen”. Das Metaverse wird uns in seiner Universalität (Achtung Wortspiel) alle verschlingen! Oder wir kämpfen uns in alter “Tron”-Manier durch gerasterte digitale Welten, um dem Master-Kontroll-Programm zu entkommen. So oder so, bei aller scheinbaren Klarheit unserer “intravirtuellen” Zukunft, der Versuch der konkreten Vorstellung eben dieser Zukunft scheitert oft, und erscheint uns letzten Endes schwammig und nebulös.

Dabei ginge es doch wesentlich einfacher. Weniger nach der McKinseys Definition: “The metaverse seems to be whatever people’s imaginations dream it to be.”¹  Mehr nach Jon Radoff: “But the metaverse is not 3D or 2D, or even necessary graphical; it is about the inexorable dematerialization of the physical space, distance, and objects.” Klingt doch noch sehr geschwollen, weshalb ich mich am liebsten an der Definition von (Crypto) Punk 6529 orientiere: “The internet with better visualization and persistent digital objects”. Wobei ich den Schwerpunkt zunächst gerne auf den Satzanfang legen möchte “The internet”.

Das Internet in seiner aktuellen Form (auch als Web 2.0 bekannt) bietet bereits in unterschiedlichen Konstellationen die ersten Versionen des Metaverse. Sei dies über Social Media Plattformen à la Twitter und Facebook oder MMOGs (Massively Multiplayer Online Game) wie World Of Warcraft. Hatten wir nicht pandemiebedingt, durch die unzähligen Zoom-/Teams-/Skype-Meetings bereits unser persönliches Erweckungserlebnis was unsere persönliche Verwobenheit mit dem World Wide Web betrifft? Als sogenannter “Knowledge Worker” sitze ich jeden Tag 10 Stunden vor einem Bildschirm, was durch die private Freizeitgestaltung an vielen Tagen noch ein signifikantes Add-On erfährt; besonders, wenn man die Bildschirmzeit am Smartphone miteinkalkuliert. Erscheint es uns dann trotzdem noch immer so abwegig, dass sich unsere Leben noch stärker in den virtuellen Raum verlagert bzw. in diesem Raum manifestiert?

Ich möchte hier nicht parteiergreifen; schon gar nicht die positiven und negativen Folgen des Internets diskutieren. Ziel ist es, mir selbst und allen Lesern mit ein wenig Reflexion und Ehrlichkeit eine “gesunde Vorstellung” unserer “intra- und extravirtuellen” Zukunft in Form des Metaverses näher zu bringen, um uns ein wenig die Scheu und auch die negative Konnotation dieses Begriffes zu nehmen.

Natürlich sollen wir uns nicht nur mit dem Smartphone, sondern auch mit der Natur und unseren Mitmenschen “connecten”. Und auch ich habe Schreckensvisionen, dass, wenn ich noch weitere 5 Jahre in dieser Haltung vor dem Bildschirm verbringe, ich letzten Endes als Gollum (für Kenner der Herr der Ringe Trilogie) ende, und nur noch in gebückter Haltung über diesen Planeten wandle. Doch wenn wir ehrlich bleiben; es ist bereits jetzt unsere (virtuelle) Realität; und es hat auch seine positiven Seiten; im Privaten wie im Beruflichen.

Trotz all unserer Erlebnisse und Erfahrungen hadern wir noch immer mit der Ebene der Abstraktion, auf der unser virtuelles Leben stattfindet. Das ist legitim, wenn wir die Geschwindigkeit betrachten, mit der uns diese Innovation mitreißt. Was sicherlich dem momentanen Abstraktionsniveau entgegenwirkt, sind die voranschreitenden Verbesserungen bei der Visualisierung im digitalen Raum. Und hier möchte ich wieder an die Definition von Punk 6529 anknüpfen “The internet with better visualization…“. Wir verstehen (besser), was wir sehen können. Wenn jenes Sinnesorgan, auf das wir uns auch im „realen“ Alltag am meisten verlassen, im virtuellen Raum ein Upgrade erfährt, dann steigert dies auch unseren (emotionalen) Zugang zu diesen Räumen. Die These habe ich jetzt einmal kühn selbst aufgestellt, und bitte deshalb um entsprechende (V)erprobung. Aber so blöd klingt sie jetzt gar nicht.

Jetzt noch zum letzten Teil des Punk-Zitats “…and persistent digital objects”. Und hier schlagen wir in die Kerbe der Blockchain Technologie. So wie wir uns in all unseren Lebensphasen an Menschen, Dingen und Objekten orientieren, an ihnen Halt finden oder auch scheitern; so Bedarf es auch im Internet an “nachhaltigen” (“zählebigen”) Objekten. Selbst in der Genesis bilden sie immer wieder den Kontext unserer Entstehungsgeschichte – die Schaffung der Welt mit allem, was dazu gehört; Adam und Eva und der Apfel; Kain und Abel und ihre Opfergaben (Früchte vs. Schaf); Noah und seine Arche.

Mit der Blockchain Technologie schaffen wir diese „Objekte“, sei dies in Form von „fungible“ oder „non fungible“ Tokens, die als Ankerpunkte im virtuellen Raum stehen. Und vor allem schaffen wir die Möglichkeit des Privateigentums durch den blockchain-individuellen Konsensmechanismus, ein nicht unwesentlicher Aspekt. Den wenn wir wieder ehrlich zu uns sind: Wir sind dem Dinglichen verhaftet. Und so geht die Reise vielleicht doch eher Richtung Utopie, in der wir jene Demokratisierung des virtuellen Raums schaffen, welcher uns bereits mit dem Web 2.0 versprochen wurde.

Doch “am Anfang war das Wort”! Denn unser Glaube begründet sich in den Worten die unsere Gedanken Formen. Verwenden wir das einmal als Analogie und sagen, dass der Code des Konsensprotokoll der Glaube ist, auf den wir das Metaverse schaffen. Dann erleben wir hier soeben die Genesis… vermessen, blasphemisch, “philosophisch”… habe ich zu viel versprochen?!

¹ Obwohl ich an dieser Stelle einwerfen muss, so schlecht finde ich die Definition nicht, auch wenn sie für unsere Zwecke hier wenig Unterstützung bei der Konkretisierung unserer Vorstellungen liefert. Erst unlängst habe ich ihn einer meiner Lieblingschatgruppen die weisen Worte vernommen: “Metaverse gibts seit Menschen träumen”.

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